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Ich bin nah am Wasser gebaut. Das konnte ich mal wieder feststellen, als das älteste meiner vier Kinder – mein 28-jähriger Sohn Patrick – in der vergangenen Woche seiner Verlobten das Ja-Wort gegeben hat. Es war einfach die perfekte Hochzeit. Es mag sein, dass ich als so nahe Angehörige etwas voreingenommen in der Beurteilung bin, aber sie hatten sich auch wirklich viel Mühe gegeben, diesen Tag besonders zu machen. Sie hatten sich als Location ein wunderschönes Weingut ausgesucht, haben es liebevoll dekoriert, die Gästeliste auf die engsten Freunde und Verwandte begrenzt und so ein intimes Fest mit leckerem Essen, witzigen Spielen und toller Musik veranstaltet. Und als ein guter Freund meines Sohnes für ihn gesungen hat, flossen bei mir die ersten Tränen.

Wie dieses Fest genau aussehen sollte, wurde natürlich lange im Voraus geplant. Wie teuer darf eine Hochzeit sein, wie aufwändig die Organisation, wie groß die Gästeliste und wie umfangreich das Programm. Immer die Abwägung zwischen den Argumenten „es ist auch nur ein Tag“ und „es sollte der schönste Tag des Lebens werden“. Schließlich wird nur einmal im Leben geheiratet. So weit die Theorie. In der Praxis wird nämlich sehr oft mehrmals geheiratet. Oder gar nicht. Und wieder geschieden. Trotzdem halten wir an diesem Modell fest, in der Hoffnung und Annahme, dass wir die Ausnahme sind und es für immer hält. Es gibt viele Abhandlungen und Theorien, in denen darüber schwadroniert wird, dass dem Mensch das mit der Monogamie eigentlich gar nicht liegt und wechselnde Partner viel natürlicher wären. Und trotzdem suchen fast alle von uns nach dem einen Menschen, der unser Leben perfekt macht. Der uns ergänzt, der uns glücklich macht, der uns still versteht und der unsere Hand beim Spazierengehen festhält. Das ist meiner, das ist meine, wollen wir ausrufen. Warum treibt uns die Sehnsucht danach so an?

Wenn wir eine Ehe schließen, dann schließen wir sie nicht nur mit dem Menschen, der uns vor dem Traualtar gegenüber steht. Wir schließen sie vor allem mit uns selbst. Denn noch mehr als um den anderen, geht es in der Ehe darum, an uns selbst zu arbeiten. Und der andere ist dabei der beste Lehrer, den wir bekommen können. Denn keiner bringt uns so schmerzhaft und liebevoll an die Themen, die in unserem Leben wichtig sind. Wenn wir schon immer das Gefühl hatten, dass wir zu wenig Respekt entgegengebracht bekommen, dann werden wir mit den rumliegenden Socken des Partners immer wieder darauf gestoßen werden, dass wir uns dringend mal mit diesem Thema beschäftigen sollten. Und wenn wir uns immer wieder darüber ärgern, dass unser Partner uns zu selten sagt, dass er uns liebt, dann sollten wir darüber nachdenken, warum wir diese Bestätigung so dringend brauchen.

Wir können uns also überlegen, ob wir die Ehe dazu nutzen wollen, uns ein Leben lang über rumliegende Socken und das vermeintlich fehlende „ich liebe dich“ zu ärgern oder wir entscheiden uns dafür, die Ehe als großes Spiel- und Lernfeld zu nutzen. Wenn es uns gelingt, als Ehepartner bei uns zu bleiben und nicht unsere Themen auf unseren Partner zu projizieren, dann haben beide die Möglichkeit, aneinander und miteinander zu wachsen.

Warum wir uns also in diesen Tag der Hochzeit stürzen, in der Hoffnung und Annahme, wir gehörten zu den wenigen Ausnahmen, liegt schlicht und einfach daran, dass wir wissen: Ob eine Ehe glücklich ist, liegt nicht am Schicksal, sondern nur an uns selbst. Wir haben es in der Hand. Und wenn wir unserer Verantwortung für das Gelingen der Ehe auch nach 30 Jahren noch bewusst sind, dann kann sie tatsächlich das Schönste sein, was uns im Leben passiert.